Newsletter 04/2023

Liebe ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer,

schon seit Januar 2021 können Sie die elektronische Patientenakte (ePA) nutzen. Ab Mitte Januar 2025 soll es für alle gesetzlich Versicherten eine ePA geben, deren Nutzung dann aber auch freiwillig bleibt.

Trotz vieler Vorteile ist die ePA aber noch nicht vollkommen in Deutschland angekommen. Den Europäischen Gerichtshof beschäftigte kürzlich noch eine Patientenakte auf Papier. Warum, lesen Sie in der Rubrik „Aktuelle Rechtsprechung“.

Nicht mehr lange und wir feiern wieder Weihnachten. Dann geht es auch darum, seinen Liebsten langersehnte Wünsche zu erfüllen. Wie verhält es sich denn mit den Wünschen Ihrer Betreuten hinsichtlich der Lebensführung? Müssen Sie diesen nachkommen? Und, wenn ja, in welchem Umfang? Das erfahren Sie in der Rubrik „Hätten Sie es gewusst?“

Ich wünsche Ihnen eine stimmungsvolle Adventszeit und ein gemütliches, besinnliches Weihnachtsfest. Tanken Sie die Kraft, die Sie brauchen!

Herzliche Grüße

Ihr Christoph Überschär

Aktuelle Rechtsprechung

Die erste Kopie Ihrer Patientenakte bekommen Sie kostenlos

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt fest, dass in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Recht der Patientinnen und Patienten verankert ist, eine erste Kopie ihrer Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich, ohne dass ihnen hierdurch Kosten entstehen. Ein Entgelt darf nur dann verlangt werden, wenn der oder die Betroffene eine erste Kopie seiner oder ihrer Daten bereits unentgeltlich erhalten hat und erneut einen Antrag auf diese stellt.

EuGH, Rechtssache vom 26.10.2023, Rs. C-307/22; www.curia.europa.eu

Das ist passiert:

Ein Patient verlangt von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Patientenakte, um gegen sie Haftungsansprüche wegen Fehlern geltend zu machen, die ihr bei seiner zahnärztlichen Behandlung unterlaufen sein sollen. Die Zahnärztin fordert jedoch, dass er, wie nach deutschem Recht vorgesehen, die Kosten für die Zurverfügungstellung der Kopie der Patientenakte übernimmt. Da der Patient der Ansicht ist, Anspruch auf eine unentgeltliche Kopie zu haben, ruft er die deutschen Gerichte an.

Der Bundesgerichtshof, der letzten Endes die Angelegenheit entscheiden sollte, fühlte sich dazu aber nicht imstande. Denn nach dessen Auffassung hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts, nämlich der DSGVO ab. Der Bundesgerichtshof beschloss deshalb, dem Gerichtshof die entscheidungserheblichen Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Mit einem Vorabentscheidungsersuchen haben die Gerichte der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsstreits, über den sie zu entscheiden haben, Fragen betreffend die Auslegung des Unionsrechts oder die Gültigkeit einer Handlung der Union vorzulegen. Der Gerichtshof entscheidet dabei nicht den beim nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Dieser ist unter Zugrundelegung der Entscheidung des Gerichtshofs vom nationalen Gericht zu entscheiden.

Darum geht es:

Der EuGH muss nun im Spannungsverhältnis zwischen dem europäischen und dem deutschen Recht entscheiden, ob der Patient das Recht auf eine kostenlose erste Kopie seiner Patientenakte hat.

Die Entscheidung:

In seinem Urteil stellt der EuGH fest, dass in der DSGVO das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich, ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen.

Der Verantwortliche, also hier die Zahnärztin, kann ein solches Entgelt nur dann verlangen, wenn der Patient eine erste Kopie seiner Daten bereits unentgeltlich erhalten hat und erneut einen Antrag auf diese stellt. Die Zahnärztin ist verpflichtet, dem Patienten eine erste Kopie seiner Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Patient ist nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen.

Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen. Des Weiteren hat der Patient das Recht, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in seiner Patientenakte befinden, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich ist. Dies schließt Daten aus der Patientenakte ein, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte oder Ärztinnen und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten.

Das bedeutet die Entscheidung für die Praxis:

Dieser Fall zeigt anschaulich ein möglicherweise bestehendes Spannungsverhältnis zwischen dem Recht der Europäischen Union und den in den einzelnen Staaten geltenden nationalen Gesetzen auf. Vor allem in den Artt. 12, 15, 17 und 18 DSGVO ist das Recht verankert, umfassende Auskunft über seine Daten von dem Verantwortlichen zu verlangen. Dem könnte das nationale Recht entgegenstehen, dass etwa die Kosten zu erstatten sind, wenn jemand einen Aufwand betreiben musste, um einen Anspruch zu erfüllen. Geht das nationale Recht vor, könnten die Kopierkosten von der Zahnärztin verlangt werden. Weil mit den Kopien aber auch eine Datenauskunft einhergeht, ist sie nach EU-Recht verpflichtet, die erste Kopie unentgeltlich zu erstellen.

Das ist ein patientenfreundliches Urteil, das Sie direkt praktisch für sich oder Ihre Betreuten verwenden können, wenn sie zum ersten Mal eine Patientenakte anfordern.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 26.10.2023, www.curia.europa.eu

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Veranstaltung

Stammtisch für Betreuerinnen und Betreuer

Treffen Sie sich mit anderen Betreuungspersonen und Bevollmächtigten sowie den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der Betreuungsvereine, tauschen Sie sich in ungezwungener Atmosphäre aus und profitieren Sie von den Erfahrungen anderer für Ihre Arbeit.

Von anderen hören und lernen, Erlebtes teilen und eine gute Zeit gemeinsam verbringen – unser Stammtisch findet in der Regel an jedem ersten Donnerstag im Monat statt.

Termin:               Donnerstag, 04.01.2024, 18:00–20:00 Uhr
Ort:                       Achathotel Zum Schwan, Hauptstraße 25, 55743 Idar-Oberstein

Bitte melden Sie sich zu der Veranstaltung unter Tel.: 06781 667421 oder per E-Mail unter betreuungsverein@awo-birkenfeld.de an.

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Gesetzgebung

Bundesrat stimmt dem Krankenhaustransparenzgesetz nicht zu

Das Gesetz ist Basis für die geplante Veröffentlichung von Struktur- und Leistungsdaten der Krankenhäuser in Deutschland. Patientinnen und Patienten sollten erkennen können, welches Krankenhaus in ihrer Nähe welche Leistungen anbietet und wie diese Klinik im Hinblick auf Qualität sowie ärztliche und pflegerische Personalausstattung abschneidet. Dieses Transparenzverzeichnis sollte begleitend zum Gesetz zur Umsetzung der Krankenhausreform im kommenden Jahr vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht werden. Doch am 24.11.2023 stimmte der Bundesrat gegen das Gesetz.

Jetzt muss das Gesetz erst im Vermittlungsausschuss beraten werden und das kann dauern. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das Gesetz sein Ziel verfehle, die Auswahlentscheidungen der Patientinnen und Patienten durch eine laienverständliche Übersicht zur Qualität der Krankenhausbehandlung zu fördern. Kritik übt er auch an der Zuordnung der Leistungsgruppen, dem überbordenden Bürokratieaufwand durch die Meldepflichten für die Kliniken sowie am nicht ausreichenden Rechtsschutz für die Krankenhäuser.

Wie so oft: Geld ist im Spiel

Zudem seien die für eine kurzfristige Verbesserung der Liquidität der Krankenhäuser genannten Maßnahmen noch nicht ausreichend, so der Bundesrat. Bis die Vergütungsreform ihre Wirkungen entfalten kann, ist aus Sicht des Bundesrats eine insgesamt tragfähige finanzielle Überbrückungshilfe durch den Bund dringend geboten.

Schade, wirklich schade!

Die Frage, wie lange wir noch darauf warten müssen, bis wir wissen, welchen Service die einzelnen Krankenhäuser anbieten, lässt sich damit nicht eindeutig beantworten. Diese an sich gute Idee ist erst mal gescheitert. Als Patientinnen und Patienten werden wir also weiter im Ungewissen gelassen, in welchem Krankenhaus wir wohl am besten aufgehoben sind und ob etwa der geplante Eingriff in einer anderen Klinik womöglich ambulant durchgeführt werden kann.

Quelle: www.bundesrat.de, 24.11.2023

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Hätten Sie es gewusst?

Was ist die sogenannte Wunschbefolgungspflicht?

Diese Pflicht ergibt sich aus § 1821 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach muss der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so besorgen, dass dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann. Hierzu hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten festzustellen.

In Abs. 3 der Vorschrift findet diese Wunschbefolgungspflicht jedoch ihre Grenzen. Den Wünschen des Betreuten hat der Betreuer nicht zu entsprechen, soweit

Umstritten ist, wann der betreuenden Person die Wunschbefolgung nicht zuzumuten ist. In qualitativer Hinsicht ist das dann der Fall, wenn durch die Wunschbefolgung Rechte der Betreuerin oder des Betreuers betroffen sind und ihm oder ihr etwa Strafbarkeit droht. Eine Unterstützung bei rechtswidrigen Handlungen wird also nicht verlangt. Die Betreuerin oder der Betreuer müssen sich auch nicht aktiv an einer Selbstschädigung der betreuten Person beteiligen. Eine Gefährdung von Dritten ist von der Betreuerin oder dem Betreuer nicht hinzunehmen.

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Über Lob freuen wir uns, Kritik nehmen wir ernst!

AWO-Betreuungsverein für den Kreis Birkenfeld e.V.

Hauptstraße 531–533

55743 Idar-Oberstein
betreuungsverein@awo-birkenfeld.de

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