Newsletter 03/2021

Liebe ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer,

immer wenn ich sehe, wie sich im Herbst das Laub verfärbt, fällt es mir ein: Bald ist schon wieder Weihnachten! Das Jahr ist bereits fast vorbei – und ich sollte mir langsam mal Gedanken machen, wie ich meinen Liebsten eine Freude bereiten kann. Nichtsdestotrotz: Ich bin immer erstaunt, wie schnell das Jahr wieder vergangen ist.

Entsprechend näher gekommen ist auch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz, das ab 2023 in Kraft treten wird. Damit Sie davon nicht allzu sehr überrascht werden, werde ich künftig in loser Reihenfolge in den Newslettern über die Neuerungen berichten. Sie können auf diese Weise die Gelegenheit nutzen, das Gesetz nach und nach besser kennenzulernen. Entweder in der Rubrik „Hätten Sie es gewusst?“ oder im Rahmen der „Gesetzgebung“ gehe ich auf die künftigen Änderungen ein, die uns alle betreffen werden. Sollte das Gesetz Sie vor ganz praktische Herausforderungen stellen, wie etwa das Verfassen einer Vereinbarung zur Begleitung und Unterstützung, beraten wir Sie gerne.

Herzliche Grüße

Ihr Christoph Überschär

Aktuelle Rechtsprechung

BGH: Reservierungsgebühr für Pflegeheimplatz ist unzulässig

Alten- und Pflegeheime dürfen keine Reservierungsgebühren für die Zeit vor Einzug des Pflegebedürftigen erheben. Das gilt sowohl für gesetzlich als auch privat Versicherte. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass eventuell geleistete Zahlungen zurückgefordert werden können.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.07.2021, Az. III ZR 225/20

Das ist passiert:

Für eine pflegebedürftige und inzwischen verstorbene Frau bestand eine private Pflegeversicherung. Die Dame sollte in einem Pflegeheim untergebracht werden. Ihr Sohn schloss deshalb als ihr Vertreter am 12.02.2016 einen schriftlichen Heimvertrag mit der Einrichtungsträgerin. Der Einzug der neuen Bewohnerin erfolgte erst am 29.02.2016.

Der Pflegevertrag sah vor, dass die (künftige) Bewohnerin vom Vertragsbeginn bis zum Einzugstermin eine Platzgebühr in Höhe von 75 Prozent der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie des Umlagebetrags nach der Altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung (AltPflAusglVO) zu entrichten hat.

Dementsprechend stellte die Heimträgerin am 22.03.2016 dem Sohn für die Reservierung eines Zimmers in dem Zeitraum vom 15. bis zum 28.02.2016 eine Platzgebühr in Höhe von 1.127,84 € in Rechnung. Der Sohn bezahlte zunächst. 2018 forderte er die Heimträgerin erfolglos zur Rückzahlung auf.

Letzten Endes musste der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit entscheiden.

Darum geht es:

Es geht darum, ob der Sohn die Reservierungsgebühr von der Heimträgerin zurückfordern kann.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof stimmte der Argumentation des Sohnes zu und sah die Vereinbarung einer Platz-/Reservierungsgebühr mit den gesetzlichen Vorschriften als unvereinbar und deshalb unzulässig an. Die Heimträgerin ist zur Rückerstattung des gesamten Betrags an den Sohn verpflichtet.

Die entscheidende gesetzliche Vorschrift für den Fall ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) in Verbindung mit § 87a Abs. 1 Satz 1 Soziales Gesetzbuch (SGB) XI.

§ 15 Abs. 1 WBVG schließt auch Verbraucher mit ein, die Leistungen einer privaten Pflegepflichtversicherung erhalten und damit mittelbar Leistungen auf der Basis des Vierten Kapitels des SGB XI in Anspruch nehmen. Dafür spricht vor allem die Gesetzesbegründung. Darin wird ausgeführt, dass mit § 15 Abs. 1 WBVG eine Sonderregelung für das Verhältnis zwischen vertraglichen Vereinbarungen von Unternehmer und Verbraucher sowie den gesetzlichen Regelungen des SGB XI geschaffen wurde. Vertragliche Vereinbarungen, die den Vorschriften des SGB XI und den aufgrund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen nicht entsprächen, sind unwirksam. Erfasst würden mit der Bezugnahme auf die Regelungen des SGB XI auch die Fälle mittelbarer Leistungsinanspruchnahme im Rahmen der privaten Pflegepflichtversicherung.

§ 87a SGB XI regelt die Berechnung und Zahlung des Heimentgelts. Nach § 87a Abs. 1 SGB XI werden die Pflegesätze, die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie die gesondert berechenbaren Investitionskosten (Gesamtheimentgelt) für den Tag der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim sowie für jeden weiteren Tag des Heimaufenthalts berechnet (Berechnungstag).

Es ist mit § 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI unvereinbar, eine Platz- oder Reservierungsgebühr auf der Basis des vertraglichen Leistungsentgelts – gegebenenfalls vermindert um pauschalierte ersparte Aufwendungen – für die Zeit vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Einzugstermin vertraglich festzulegen. Dies widerspräche nicht nur dem Prinzip der Abrechnung der tatsächlichen Leistungserbringung auf Tagesbasis, sondern begründete auch die (naheliegende) Gefahr, dass Leerstände im Anschluss an einen Auszug oder das Versterben eines Heimbewohners doppelt berücksichtigt würden, nämlich zum einen über die in die Pflegesätze eingeflossene Auslastungskalkulation und/oder etwaige Wagnis- und Risikozuschläge sowie zum anderen über die zusätzliche Inrechnungstellung eines Leistungsentgelts ohne tatsächliche Leistungserbringung gegenüber einem zukünftigen Heimbewohner.

Das bedeutet die Entscheidung für die Praxis:

Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof Klartext gesprochen. Sollten Sie einen Heimvertrag abschließen wollen, dann lesen Sie unbedingt das Kleingedruckte, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.07.2021, Az. III ZR 225/20, Pressemitteilung vom 15.07.2021

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Veranstaltungen

Vortrag: Wege aus der Angst

Der St. Ingberter Autor Roland Rosinus schildert in seinem authentischen Vortrag seine eigenen Erfahrungen mit Panikattacken, sozialen Ängsten, Platzangst, generalisierter Angst, Depressionen und einer Herz-Phobie.

Er nimmt die Zuhörer mit auf seinen ersten Schritten aus der Angst, geht auf Ursachen ein und zeigt auf, wie er mit Stillständen und Rückschritten umgegangen ist. Dabei fordert er die Anwesenden auf, Ängste aus einem anderen, positiveren Blickwinkel zu betrachten.

Roland Rosinus sieht seinen Vortrag nicht als „Überstülpen der einen Möglichkeit“, sondern als Angebot, verschiedene Möglichkeiten der Angstbewältigung kennenzulernen und selbst auszuprobieren.

Ein Vortrag, der Mut macht, sich auf den eigenen Weg zu begeben, sowie Ängste und Depressionen aus der Tabu-Ecke herausholt. Roland Rosinus gibt ferner viele praktische Tipps zur Angstbewältigung.

Der Vortrag ist geeignet für Betroffene, Angehörige, Freunde, Interessierte und Therapeuten. Es gelten die tagesaktuellen Corona-Regeln für den Landkreis Birkenfeld. Auf dem Weg zum Sitzplatz besteht Maskenpflicht.

Termin: Mittwoch, 20.10.2021, 18 bis 20:30 Uhr
Ort: Kreisverwaltung Birkenfeld, Sitzungssaal, Schneewiesenstraße 25, 55765 Birkenfeld
Referent: Roland Rosinus, Autor

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Außensprechstunden

Gerne beraten wir Sie kostenfrei in Wohnortnähe, falls Sie Fragen rund um das Thema Betreuungen haben.

Außensprechstunde in Baumholder:
Termin: Mittwoch, 29.09.2021, 14 bis 16 Uhr
Ort: Im alten Rathaus, Hauptstraße 10, Baumholder

Außensprechstunde in Birkenfeld:
Termin: Donnerstag, 21.10.2021, 14 bis 16 Uhr
Ort: AWO Begegnungsstätte, Am Kirchplatz 13 (alte Schule Seiteneingang)

Bitte melden Sie sich unter der Telefonnummer 06781 667421 oder per E-Mail unter betreuungsverein@awo-birkenfeld.de an.

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Gesetzgebung

Ab 30.09.2021: Keine Krankschreibung mehr ohne persönlichen Kontakt

Zu diesem Datum läuft die Möglichkeit aus, sich vom Arzt bzw. von der Ärztin seines Vertrauens bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege für bis zu 14 Tage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Telefon ausstellen zu lassen.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Telefon wurde vergangenes Jahr aufgrund der Corona-Pandemie eingeführt. Da sich das Pandemiegeschehen abgeschwächt hat, wurde diese Maßnahme nun nicht mehr verlängert. Künftig müssen Sie also wieder persönlich bei Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin vorsprechen.

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News

„Impfbuch für alle“: Neues kostenfreies Sachbuch erschienen

Das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) haben ein „Impfbuch für alle“ veröffentlicht.

Das kostenfreie 80-seitige Taschenbuch soll dazu beitragen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger verlässlich über das Impfen informieren sowie mit einem guten Gefühl entscheiden können. Das Impfbuch wurde von einem Redaktionsteam der BZgA und dem RKI verfasst, ergänzt um kurze Kolumnen von Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt und Wissenschaftsjournalist.

Wer von Ihnen kein kostenloses Exemplar in der Apotheke erhalten hat, kann das Buch aus dem Internet unter www.dasimpfbuch.de herunterladen.

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Hätten Sie es gewusst?

Was ist das Betreuungsorganisationsgesetz?

Das Betreuungsorganisationsgesetz ist Teil der Betreuungsrechtsreform, die am 01.101.2023 in Kraft tritt. Es steht in Artikel 9 des neuen Gesetzestextes. Unter diesem Link finden Sie den Gesetzestext.

Das Betreuungsorganisationsgesetz ersetzt das bisherige Betreuungsbehördengesetz und geht noch darüber hinaus. Unter anderem werden in Abschnitt 3 und §§ 21, 22 des reformierten Betreuungsrechtsgesetzes die Voraussetzungen für die ehrenamtliche Führung einer Betreuung genannt sowie der Abschluss einer Vereinbarung über Begleitung und Unterstützung erläutert.

§ 21 Voraussetzung für eine ehrenamtliche Tätigkeit

(1) Voraussetzung für die Führung einer Betreuung als ehrenamtlicher Betreuer ist die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit. § 23 Absatz 2 Nummer 1, 2 und 4 gilt entsprechend.

(2) Zur Feststellung seiner persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit hat der ehrenamtliche Betreuer der zuständigen Behörde ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes und eine Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung, die jeweils nicht älter als drei Monate sein sollen, vorzulegen. Dies gilt nicht, sofern er im Wege der einstweiligen Anordnung nach den §§ 300 und 301 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zum vorläufigen Betreuer bestellt wird.

§ 22 Abschluss einer Vereinbarung über Begleitung und Unterstützung

(1) Ein ehrenamtlicher Betreuer kann eine Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 mit einem anerkannten Betreuungsverein oder hilfsweise nach § 5 Absatz 2 Satz 3 mit der zuständigen Behörde abschließen.

(2) Eine Person, die ehrenamtlich Betreuungen führen möchte und keine familiäre Beziehung oder persönliche Bindung zu dem Betroffenen hat, soll vor ihrer ersten Bestellung als ehrenamtlicher Betreuer eine Vereinbarung nach Absatz 1 abschließen.

Noch mal zusammengefasst:

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Über Lob freuen wir uns, Kritik nehmen wir ernst!

AWO-Betreuungsverein für den Kreis Birkenfeld e.V.

Hauptstraße 531–533

55743 Idar-Oberstein
betreuungsverein@awo-birkenfeld.de